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Der Bürgermeister Friedrich Borggreve

von Franz Winter


Friedrich Heinrich Maria Ignatius Borggreve
(*1772  +1843)
Er heiratet 1799 Gertrud Cruse.
Bürgermeister in Bevergern ab 1806
14 Kinder, 9 in Bevergern geboren

Hier sein Lebenslauf:

Verein für Orts- und Heimat-Runde im Süderlande
Sitzung am 22. März 1889
Zugleich Sitzung der botanischen Sektion:

 

Friedrich Heinrich Maria Ignatius Borggreve *)

wurde am 17. Mai des Jahres 1772 zu Münster in Westfalen geboren.

Seine Eltern waren der Kurfürstliche Hofkammerrat Friedrich

Christian Borggreve und Margaretha Monica geborene

Heinrichen. Nach Absolvierung seiner Elementarstudien genoss

 

*) Nach  Mitteilungen des Baurat B o r g g r e v e , seines Sohnes, und nach kurzen Notizen Anderer

zusammengestellt von Dr. F. W e s t h o f f .

 

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er den weiteren Unterricht auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt

und wählte alsdann das Rechtsstudium zu seinem Berufszweige. Zu

diesem Zwecke besuchte er anfangs die Münstersche Universität und

ging bald darauf zu seiner weiteren Ausbildung nach Göttingen,

woselbst er, abgesehen von den gewöhnlichen juristischen Kollegien,

das Ius canonicum, Staatsrecht und Vorlesungen über Cameralia,

Ökonomie und Forstwesen hörte. Daneben zogen ihn auch Blumenbach's

und Lichtenberg's Vorträge über naturwissenschaftliche Disziplinen

mächtig an, denn von seiner frühesten Jugend an zeigte er

eine entschiedene Vorliebe für das Leben und Weben der Natur.

Nachdem er seine Fachstudien abgeschlossen und nach bestandener

Prüfung das Diplom als Licentiat der Rechte erhalten

hatte, praktizierte er bei verschiedenen Unter- und Obergerichten im

Hochstift Münster.

Im Jahre 1799 vermählte er sich mit Gertrudis, Tochter

des Rentners Cruse zu Metelen bei Burgsteinfurt, welche Ehe durch

die reiche Zahl von vierzehn Kindern gesegnet ward.

Im darauffolgenden Jahre übernahm er das Amt eines

Receptors für die Gemeinden Handorf und Westbevern, welches er

bis zum Jahre 1804 verwaltete. In diesem Jahre wurde er von der

königlich preußischen Kriegs- und Domainen-Kammer als Receptor

des vierten Münsterschen Kreises von Münster nach Bevergern versetzt,

was für ihn in der nächsten Folgezeit durch die unter der

Herrschaft der Franzosen eintretenden Organisationsveränderungea

verhängnisvoll wurde, da diese ihm den gröfsten Teil seines Einkommens

raubten, ohne dafs dafür auch nur die geringste Entschädigung

Platz griff.

Von der französischen Regierung wurde er 1806 zum Maire

ernannt. Gleichzeitig erhielt er das Amt eines Spezial-Kornmissars

für das Arrondissement Lingen und des Verteilungs-Kommissars für

das Ober-Ems-Departement. Aufserdem bekleidete er noch die Stelle

des Präsidenten der Kantonal - Kammer zu Ibbenbüren und des

Wahlkollegiums im Kanton Bevergern. Endlich war er Mitglied des

Vorstandes des Departements-Vereins zur Förderung des Ackerbaues,

der Gewerbe, Künste und Wissenschaften.

Nach der Wiedereroberung des Hochstifts durch die Krone

Preufsens 1814 wurde er Bürgermeister zu Bevergern. Als solcher

war er darauf bedacht, die Schäden des Krieges, sowie die vielen

 

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mifslichen Folgen jener wirrsalreichen Zeit nach Kräften zu mildern

und zu heilen, und manche seiner Einrichtungen haben bleibend

Gutes gestiftet. Unter vielem Anderen gründete er zuerst in dortiger

Gegend eine Viehassekuranz - Gesellschaft, welche bald vielfachen

Nutzen brachte und jetzt überall eingeführt ist. Um Handwerk und

Technik zu heben, war er bereits zur französischen Zeit mit dem

Plane hervorgetreten, in Bevergern eine Zeichenschule für Handwerkergesellen

zu errichten, allein das Projekt fand unter der

Fremdherrschaft, welche wenig Interesse an dem Gedeihen der deutschen

Industrie an den Tag legte, keinen Anklang; es blieb dem patriotischen

Sinne des Oberpräsidenten v. Vinke vorbehalten, die Idee

Borggrevens zu realisieren und eine derartige Anstalt ins Leben

zu rufen. Aus ihr sind manche tüchtige Techniker hervorgegangen,

und sie dauerte noch nach seinem Tode längere Zeit fort.

Im Jahre 1836 wurde er als Bürgermeister nach Schöppingen

versetzt. Dort erblindete er nach wenigen Jahren am grauen Staare.

Er liefs sich dieserhalb in Münster von geschickter Hand operieren,

es war nach gelungener Operation Hoffnung zur Genesung vorhanden,

als er von einem bösartigen Fieber befallen wurde, das

seinem thätigen Leben schnell ein Ende machte. Er starb zu

Münster am 28. August 1843.

Borggreve gehörte zu denjenigen Menschen, welche für alles

Hohe und Schöne Interesse zeigen und stets bemüht sind, was

Wissenschaft und Kunst Nützliches und Genufsreiches aufzuweisen

hat, seinen Mitmenschen auch nutzbar und dienlich zu machen.

So war es für ihn ein grofser Genufs, alles Wahre, Schöne und Edle

zu unterstützen und stets für das Wohl seiner Nebenmenschen zu

wirken, worüber er häufig genug seine eigene Person vergaß. Er

war Mitglied zahlreicher gemeinnütziger Vereine, so Mitglied des

ökonomischen Vereins zu Münster und Ehrenmitglied des Vereins

zur Beförderung des Gartenbaus in Preußen, in deren Verhandlungen

auch einige Aufsätze von ihm abgedruckt sind.

Als in den zwanziger Jahren die Lithographie aufkam, nahm

dieselbe sein hohes Interesse in Anspruch. Besonders ging sein

Bemühen dahin, in Westfalen dazu brauchbare Steine zu entdecken,

wofür ihm auch der Dank der königlichen Regierung ausgesprochen

wurde.

Ein ganz besonderes Interesse hatte Borggreve für die

Literaturwissenschaften, und hier waren es hauptsächlich die munteren

Vögel, welche er eifrig studierte. Alle Vögel seiner engeren Heimat

kannte er und wufste ihre Lebensweise genau auszuforschen. Aistüchtiger

Jäger gelangte er leicht in den Besitz manchen wertvollen

Tieres, mancher seltene Gast fiel ihm zur Beute. Die seltenen

Arten hob er sorgfältig auf und schickte sie dem königlichen Museum

zu Berlin ein. Er selbst scheint kein Kabinet angelegt zu haben,

dagegen führte er von seinen Lieblingen viele wohlgelungene Abbildungen

aus.

Er besaß ein ebenso großes Talent wie Vorliebe zum Zeichnen

und Malen und schuf während seines Lebens eine große Zahl von

Tierstücken in Öl, ebenso viele Abbildungen anderweitiger naturhistorischer

Gegenstände und mannigfache Karrikaturen in Hogarth's

Manier.

Seine Zeichnungen erhielten zur französischen Zeit die hohe

Bewunderung des damaligen Oberpräfekten des Ober-Ems-Departements,

Baron von Keverberg, welcher sogar mit dem Plane

umging, sie dem Kaiser Napoleon persönlich vorzulegen. Mehrere

derselben wurden später in Blumenbach's bekannten Abbildungen

naturhistorischer Gegenstände in Kupfer gestochen.

Die Vögel Westfalens hat Borggreve fast sämtlich in

Aquarelle gezeichnet, und es sind diese Blätter nach seinem Tode in

den Besitz mehrerer seiner Bekannten übergegangen. Es bleibt sehr

zu beklagen, daß sie nicht zusammen und so der Nachwelt und

Wissenschaft erhalten geblieben sind.

 

 
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